KI-Supermacht USA: Wie Trump mit Stargate Europa und China abhängen will
Am 14. April diesen Jahres verkündete die NATO die Einführung des KI-Analysesystems MSS NATO (Maven Smart System) des US-KI-Unternehmens Palantir. Ziel ist es, Kommandeure und ihre Truppen dazu zu befähigen, moderne KI-Anwendungen in zentralen militärischen Bereichen zu nutzen. Das System soll insbesondere Daten aus verschiedenen Quellen in Echtzeit zusammenführen und auswerten können, um so den Entscheidungsfindungsprozess signifikant zu beschleunigen. Auffallend ist, dass lediglich sechs Monate zwischen der Formulierung des Bedarfs und der Anschaffung des Systems vergangen sind, was im Rüstungsbereich als ungewöhnlich schnell angesehen werden kann. Dies allein zeigt die hohe Bedeutung, die das Bündnis der neuen Technologie einräumt. Konkret sollen Befehlshaber mithilfe von MSS NATO u.a. in sekundenschnelle Daten zum Versorgungsstand ihrer Truppenteile erhalten oder Zieldaten für potentielle Gegner nutzen können.
Doch Palantir ist keineswegs nur im militärischen Bereich aktiv. Hierzulande wurde das US-Unternehmen vor allem durch die datenschutzrechtlichen Debatten rund um den Einsatz bei der Polizei bekannt. Allen Bedenken zum Trotz, zeigt die Nutzung durch immer mehr Sicherheitsbehörden in den USA und Europa aber, dass Sicherheit heute nicht mehr nur geschützt oder verteidigt, sondern zunehmend auch berechnet wird.
Doch wie hilft Künstliche Intelligenz bei der Bekämpfung von Verbrechen und Bedrohungen der Nationalen Sicherheit? Und wie können auch Unternehmen ihre Prozesse und Produktionen mithilfe von KI-Defence-Tech optimieren? Der folgende Artikel beantwortet diese und weitere spannende Fragen rund um die zukünftige Sicherheitsarchitektur und erklärt, warum gerade Unternehmen diesen Trend nicht verpassen dürfen.
Inhalt:
Palantir: Wie wurde aus dem geheimen Start-up ein globaler Sicherheitsakteur?
Wie machen Gotham & Foundry aus Daten Entscheidungen?
Trumps KI-Strategie: Was steckt hinter der politischen Entscheidung?
Palantir: Wie wurde aus dem geheimen Start-up ein globaler Sicherheitsakteur?
Palantir Technologies Inc. wurde 2003 u.a. durch den in Frankfurt am Main geborenen Paypal-Mitbegründer Peter Thiel und den derzeitigen CEO des Finanztransaktionsdienstleisters Alex Chriss in Palo Alto (Kalifornien) gegründet. Chriss war bereits bei Paypal verantwortlich für die Entwicklung von Software zur Abwehr von Kreditkartenbetrug, der das Unternehmen damals ca. 10 Millionen Dollar monatlich kostete. Das vor dem Hintergrund der Anschläge des 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon gegründete Unternehmen ging 2020 an die Börse und startete seinen Höhenflug im Sommer vergangenen Jahres, als es binnen eines halben Jahres seinen Aktienkurs vervierfachte. Der Name Palantir stammt aus Tolkiens Fantasy-Saga “Der Herr der Ringe” und bezeichnet dort sogenannte stehende Steine, die es dem Anwender erlauben, an ferne Orte zu sehen.
Palantir nutzte ursprünglich ähnliche Modelle wie Paypal, um Finanzströme internationaler Terrornetzwerke aufzuspüren. Dabei wurden große Datenmengen analysiert und verdächtige Muster automatisiert erkannt. Inzwischen werden, je nach Anwendungsfall, neben Finanzdaten auch weitere Datensätze, wie Geodaten von Satelliten, Geheimdienstberichte oder Produktionsdaten genutzt, u.a. um Drogenhändler und Terroristen aufzuspüren, NATO-Streitkräften Aufklärungsergebnisse zur Verfügung zu stellen oder die Produktion von Industrieunternehmen zu optimieren.
Der Fokus von Palantir liegt ganz klar auf Großkunden, so hat das Unternehmen derzeit lediglich ungefähr 125 Kunden, die eine jährliche durchschnittliche Lizenzgebühr von rund fünf Millionen US-Dollar für die Nutzung der Anwendungen an Palantir überweisen. Zu den wichtigsten Kunden zählt dabei die United States Intelligence Community, also der Zusammenschluss der 18 nachrichtendienstlichen Organisation der USA, allen voran der CIA, der NSA und dem FBI, aber auch der Streitkräfte. Erster kommerzieller Kunde war die Investmentbank JP Morgan. In Europa zählen zu den Kunden unter anderem das deutsche Pharmaunternehmen Merck, aber auch Ferrari oder der Flugzeughersteller Airbus.
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Wie machen Gotham & Foundry aus Daten Entscheidungen?
Die wichtigsten Produkte des Konzerns sind die Anwendungen Gotham und Foundry. Erstgenanntes richtet sich vor allem an Regierungen, wohingegen letzteres für kommerzielle Anwender konzipiert ist.
Wie könnte Gotham im Ernstfall Taiwan schützen – und was sagt das über moderne Kriegsführung?
Das Modell kann aus verschiedenen Datensilos in kurzer Zeit Informationen zu Lagebildern verdichten und entsprechende Prognosen erstellen. Hier ein beispielhaftes Szenario:
- Durch Satellitendaten wird eine erhöhte chinesische Aktivität im Südchinesischen Meer festgestellt.
- Zeitgleich zeigen Daten aus Schiffserkennungssoftware eine auffallende Anzahl an Hochseefischerbooten unter chinesischer Flagge in der Nähe eines taiwanesischen Hafens. Durch lokale optische Aufklärung wird erkannt, dass diese Schiffe vertäut sind und so für eine mögliche Blockade genutzt werden könnten.
- Wenn ein befreundeter Nachrichtendienst parallel feststellt, dass ein chinesisches Kriegsschiff seinen Heimathafen verlassen hat, reagiert Gotham blitzschnell.
Bislang waren all diese Informationen in separaten Systemen verschiedenster Behörden und nicht ohne weiteres zu einem Lagebild kombinierbar. Hier liegt die Stärke von Palantir. Die Daten müssen nicht erst in einem gemeinsamen System strukturiert aufbereitet werden, sondern die Anwendung ist in der Lage, gänzlich unterschiedliche Daten in Windeseile auszuwerten und zu beurteilen. Gotham würde in diesem Szenario vorhersagen, wo das chinesische Kriegsschiff am wahrscheinlichsten unterwegs ist. Es würde dann automatisch die schnellstmöglich verfügbaren Satelliten und Aufklärungsdrohnen anweisen, das prognostizierte Gebiet zu überfliegen, um das Schiff zu finden. Mit den so generierten Aufnahmen würde wiederum die Bewaffnung des Schiffes untersucht und so auf dessen Absicht geschlossen werden. Dem verantwortlichen Kommandeur würden schlussendlich mehrere Handlungsalternativen vorgeschlagen werden. Sprich, mit welchen Kräften er auf die Bedrohung reagieren kann. Diese werden um Risiko- und Erfolgsaussichten erweitert. Der militärische Führer kann so frühzeitig reagieren und der aufkommenden Gefahr begegnen. Angriffe wie auf Pearl Harbor (1941) sind somit heutzutage nicht mehr durchführbar. Gotham kann aber auch zur automatisierte Gefechtsfeldanalysen oder zur Zielplanungen verwendet werden. Die Software wurde u.a. In Afghanistan beim Aufspüren Aufständischer eingesetzt, ebenso soll die ukrainische Armee zur Zielplanung auf Palantir setzen.

Abb. 1: President Donald Trump liberalisierte mit der Executive Order 14179 die KI-Nutzung und Entwicklung. Die neue Regelung traf in der Industrie auf positives Echo.
©Foto: The White House.
Wie hilft Palantir bei der Verbrechensbekämpfung – und wo liegen die (rechtlichen) Grenzen?
Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Stephan Harbarth entschied am 16. Februar 2023, dass die Regelungen zur automatisierten Datenanalyse für die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, die in den Ländern Hamburg und Hessen galt, in ihrer damaligen Form verfassungswidrig waren. Die Regelungen im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (§ 25a Abs. 1 Alt. 1 HSOG) beziehungsweise im Hamburgischen Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (§ 49 Abs. 1 Alt. 1 HmbPolDVG) verstoßen laut dem Gericht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die beiden Landesgesetze ermöglichten es der Polizei bis dahin unverbundene, automatisierte Dateien und Datenquellen in Analyseplattformen zu vernetzen und die vorhandenen Datenbestände durch Suchfunktionen systematisch zu erschließen. Für diese Analysen wurde damals die US-KI-Software Palantir Gotham (in Hessen als angepasste Anwendung mit dem Namen Hessendata) verwendet. (Erfahren Sie hier mehr zum rechtlichen Rahmen beim KI-Einsatz in der EU: EU AI Act).
Der Erfolg der KI-Anwendung war dabei keineswegs gering. Das zeigt ein besonders dramatischer Fall. So war Palantir maßgeblich daran beteiligt, 2019 den Missbrauchskomplex von Bergisch Gladbach aufzudecken. Bei dem größten MIssbrauchsnetzwerk der bundesrepublikanischen Geschichte konnten mithilfe der US-KI-Anwendung insgesamt 21 minderjährige Opfer identifiziert und in Folge dessen 65 Kinder durch die Polizei befreit und über 400 mutmaßliche Sexualstraftäter ermittelt werden.
Wichtig zu betonen ist, dass damals keineswegs Palantirs Software als verfassungswidrig angesehen wurde, sondern die Gesetze, die den Einsatz regelten. Palantirs Aufschwung tat dies jedoch keinen Abbruch. Der Börsenwert des Unternehmens hat sich seither mehr als verzehnfacht und die Software wird, nach einer entsprechenden Änderung der Gesetze, von immer mehr Polizeibehörden eingesetzt. So nutzt die Landespolizei in Nordrhein-Westfalen seit 2022 eine individualisierte Palantir-Software namens Datenbankübergreifenden Analyse und Recherche (DAR) zur Bekämpfung u.a von Sexualstraftaten, Straftaten gegen das Leben oder organisierter Kriminalität. Seit vergangenen Sommer setzt nun auch die bayerische Polizei auf Palantir. Dem war eine ausgiebige Prüfung durch das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) vorangegangen.
Den technologischen Möglichkeiten sind dabei kaum Grenzen gesetzt, so war Palantir-Software am Aufspüren Osama Bin Ladens beteiligt, entdeckte chinesische Spionage-Software auf dem Computer des Dalai Lamas, unterstützt die US-Behörden bei der Bekämpfung illegaler Migration oder erlaubt es Polizeibehörden mit dem sogenannten Predictive Policing Vorhersagen zu Verbrechswahrscheinlichkeiten zu treffen, so dass diese wiederum vorsorglich die Erhöhung der Präsenz im jeweiligen Gebiet veranlassen können.

Was bedeutet das für europäische Unternehmen?
Der politische Gegensatz zwischen den USA und Europa könnte nicht besser verdeutlicht werden als durch den direkten Vergleich der politischen Entwicklungen in den jüngsten Wochen. Während in den USA eine durch die Regierung organisierte privatwirtschaftliche Initiative 500 Milliarden US-Dollar investiert, um die Technologieführerschaft auf dem Sektor der Künstlichen Intelligenz zu sichern, trat nur zwölf Tage später der EU AI Act in Europa in Kraft, welcher vor allem Regulierung, Dokumentations- und Schulungspflichten für Unternehmen mit sich bringt. Zwar hat die Europäische Kommission mit dem InvestAI-Programm ebenfalls ein Investitionsprogramm in Höhe von 200 Milliarden Euro verkündet (50 Milliarden sollen aus der öffentlichen Hand kommen, 150 Milliarden sollen durch die Privatwirtschaft beigesteuert werden), doch ist es weniger umfangreich und hat bislang keine Großinvestoren gefunden, die entsprechende Gelder zugesagt haben.
Dennoch können europäische Unternehmen auch von Stargate profitieren, ist doch damit zu rechnen, dass KI-Anwendungen aus den USA durch die entsprechende Infrastruktur zu günstigen Preisen bezogen werden können und somit auch deutsche und europäische Unternehmen rechtssicher zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu Anwendungen aus China, die insbesondere bei Industriedaten die Gefahr der Industriespionage mit sich bringen. Dennoch sollten auch die Bemühungen hierzulande nicht unterschätzt werden, denn sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union verfolgen das Ziel, Deutschland und Europa im Konzert der Großen an führender Stelle zu positionieren.
Bildnachweis (Header): Abgewandelt, Original von Gage Skidmore
Abb. 1: President Donald Trump liberalisierte mit der Executive Order 14179 die KI-Nutzung und Entwicklung. Die neue Regelung traf in der Industrie auf positives Echo.
©Foto: The White House.
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Autor
Sebastian Schulze
Sebastian Schulze ist ein gefragter Keynote Speaker und Experte für Künstliche Intelligenz und Big Data. Mit über einem Jahrzehnt Erfahrung macht er komplexe Technologien für Unternehmen verständlich. Seine Expertise im Marketing hat Unternehmen zu beeindruckenden Umsatzsteigerungen verholfen. Er inspiriert sein Publikum mit fundiertem Wissen und praxisnahen Strategien. Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagiert er sich als Reserveoffizier bei der Bundeswehr.
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